Von wegen Rentner-Band
Essen, 06.02.2009, Marc Wiegand
Die Woodstock erprobten Bluesrock-Veteranen Ten
Years After begeisterten rund 500 Zuschauer in der Zeche Carl
Wer ein Faible für erdigen Bluesrock mit exzessiven Solo-Parts hat,
der konnte in der prall gefüllten Zeche Carl einen prächtigen Abend
erleben: Die legendären Ten Years After bewiesen, dass sie trotz
fortgeschrittenen Alters nicht in die schäbige Schublade
„Rentner-Band” gehören und durchaus in der Lage sind, eine
fulminante, fast zweistündige Bühnen-Show abzuliefern.
Ein wenig hüftsteif, fast gebrechlich wirkt Bassgitarrist Leo Lyons
auf den ersten, oberflächlichen Blick hin, doch der Mann mit dem
schneeweißen Haar mutiert zu einem beeindruckenden Energiebündel: Den
Fuss ständig im Takt wippend, treibt er mit seinem soliden Spiel das
Quartett unaufhörlich nach vorne. Dabei scheut er nicht vor der
Herausforderung zurück, sich einmal mit Gitarrist Joe Gooch feurig zu
duellieren.
Dem Mann am Sechssaiter, der den Altersdurchschnitt auf der Bühne
deutlich herabsenkt, kommt die Herkules-Aufgabe zu, Leadgitarre und
Leadgesang in Personalunion zu bedienen. Doch der Ausnahmemusiker lässt
sein Instrument gefühlvoll quietschen und fliegt in einer Höllen-Geschwindigkeit
übers Griffbrett, um dann punktgenau in seine Gesangparts einzusteigen.
Seine Röhre hat eine beinah schwarze Färbung und bettet sich perfekt
in den zeitlosen Bandsound ein.
Bei aller spielerischen Virtuosität schafft es Gooch aber auch, sich
an richtiger Stelle zurückzunehmen und den Solo-Staffelstab an
Keyboarder Chick Churchill weiterzugeben. Der Brillenträger hämmert
dann in Berserker-Manier genüsslich auf seinen Tasten herum. Wie ein
roter Faden ziehen sich solche improvisierten Passagen durch das aus
neueren Songs wie „Slip Slide” und älteren Stücken wie „I'm
going home” bestehende Programm. Besondere Glanzpunkte sind die
Klassiker „Love like a man” mit seinem prägnanten Riff und „I'd
like to the change the world”, bei dem gefühlvolle Ballade und
flotter Rocksong eine erfrischende Symbiose eingehen.
Mittendrin kommt auch Schlagzeuger Ric Lee zu einem zugegebenermaßen
langatmigen Solo, das er flachsend beendet: „Das ist immer noch Gin,
nur in einer anderen Verpackung”, deutet er schmunzelnd auf sein
Trinkpäckchen. Nicht zuletzt für solche Schmankerl ernten die alten
Recken tosenden Applaus.
Vielen Dank an Erdme Frauke Heinz für
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