Erstes Konzert in 2009
TEN YEARS AFTER in der "Harmonie", Bonn

Bericht von Michael Bach / BLOODCHAMBER
Fotos von Ed Reinfeldt


 

Collage von Ed Reinfeldt  


Vielen Dank an Michael Bach für seinen Link und Bericht bei
www.bloodchamber.de


 

Ten Years After - Bonn, Harmonie - 13.01.2009
 

Mittlerweile sind schon einige Jahre ins Land gegangen seitdem ich nach Bonn gezogen bin und doch bin ich an diesem Januarabend zum ersten Mal an einem der bekanntesten, man kann schon fast sagen legendärsten, Veranstaltungsorte Bonns: Der Harmonie
Seit vielen Jahren fester Bestandteil der WDR – Rockpalast Szenerie und Heimstätte für Konzerte vor allem aus dem Blues, Jazz und Rockbereich war mir die Harmonie schon aus dem Fernsehen vertraut, aber live sind nicht nur Bands anders. Die L-Form des Konzertsaals ist im ersten Moment etwas gewöhnungsbedürftig, aber da die Bühne in Richtung des breiteren Teils ausgerichtet ist, wo sich der überwiegende Teil des Publikums aufhält, sorgt so der Thekenteil des L eher für eine Entzerrung als für Irritation. Um die Kapazität des nicht eben großen Saals aufzustocken und den nicht mehr ganz so fitten Semestern auch die Möglichkeit auf den Komplettgenuss zu geben, gibt es über dem Mischpult noch eine bestuhlten Tribüne, was für den geneigten Metal- und Hardcorefreund in Deutschland nicht der alltäglichste Anblick ist.

An diesem Abend hat die Legende TEN YEARS AFTER gerufen und Classic Rock City Bonn hat sich nicht lumpen lassen, so dass trotz des nicht eben geringen Eintrittspreises das Konzert bereits im Vorfeld ausverkauft war. Trotz des erwartet hohen Altersdurchschnitts im knapp 500 Menschen starken Publikum sieht man doch auch einige studentisch anmutende Gesichter, was wieder einmal beweist, dass guter handgemachter Rock zeitlos ist und bleiben wird.

Jetzt aber genug der Randbetrachtungen, denn für die nächsten knapp zwei Stunden gehört die Aufmerksamkeit ganz der Band, die mit Leo Lyons am Bass, Chick Churchill am Keyboard und Ric Lee am Schlagzeug immer noch drei Gründungsmitglieder in ihren Reihen hat, die, alle jenseits der 60, das Publikum vom Alter her größtenteils noch in die Tasche stecken. Nur der erst 31-jährige Sänger & Gitarrist Joe Gooch fällt da etwas aus der Reihe.
Und auch sonst scheint er eher der ruhende Pol bei TEN YEARS AFTER zu sein, denn während die drei erfahrenen Recken zwischen (und im Falle des Keyboarders auch während) den Liedern das Publikum mit Ansagen und Anfeuerungen bestens unterhalten, kommt ihm nur hin und wieder mal ein bescheidenes „Thank You“ über die Lippen. Die Ansagen der anderen reichen dabei von der Vorstellung von Drummer Ric durch Bassist Leo mit den Worten: „Talking about hallucinogenic drugs i’ld like to introduce…“ und auch die jahreszeitbeeinflusste Ansprache von Ric kommt beim Publikum bestens an:
„I hope Santa brought you all the things you wished for. He missed me again. I’m hoping for a Rolls Royce since years but haven’t got one yet. (an Chick Churchill gewandt:) Oh, you wished for a 25 year old woman? She came after Christmas? Eh, that doesn't sound good. Let’s say: She arrived after Christmas…”
Während der Lieder dagegen legt der Frontmann jegliche Scheu ab und verzaubert nicht nur mit seiner warmen, samtigen Stimme sondern vor allem mit seinem begeisternden Gitarrenspiel. Die Finger rasen übers Griffbrett und neben den bandeigenen Liedern samt unzähliger Soli werden immer mal wieder kleine Riffzitate eingebaut, die von ELVIS PRESLEY über JIMI HENDRIX bis zu DEEP PURPLE reichen. Dazu gibt es reichlich kleine Duelle zwischen ihm und dem Bass oder dem Keyboard, wenn er sich leicht provozierend neben den jeweiligen Bandkollegen stellt und ihn mit seinen Flitzefingern anspielt, worauf immer die prompte Antwort erfolgt. Wenn er neben der Begeisterung während, für und mit der Musik noch ein wenig mehr auf das Publikum zugehen würde, könnte (bei allem Respekt TYA gegenüber) die Band für ihn irgendwann zu klein werden…

Aber die anderen Musiker von TEN YEARS AFTER müssen sich mit ihrer Instrumentalkunst in keiner Weise vor ihm verstecken. Selbst wenn Keyboarder Chick den Auftritt sitzend hinter sich bringt (nach einer Knie-OP) und durchweg auffällig Kaugummi kaut, spielt er doch gleichzeitig mit mehr Gefühl und Energie als viele der modernen Zappelphilippe und bekommt ausreichend Raum für zahlreiche kurze Soloattacken. Auch Drummer Ric, der auf mich anfangs noch ein bisschen steif wirkt, legt spätestens während seines minutenlangen Solos, bei dem der Rest die Band die Bühne verlässt, jegliche Fesseln ab und im Halbdunkel kommen so auch die farblich zum Hemd passenden, leuchtenden Drumsticks erstmals zu voller Geltung.
Der wahre Zeremonienmeister auf der Bühne ist aber Bassist Leo Lyons. Mit seiner Agilität, Freude und Spielkunst setzt er Maßstäbe, und mit dem Schädel & Pailettenhemd würde er auch in einer modernen amerikanischen Band nur durch seine schlohweiße, im Wind wehende Mähne auffallen. Mit schelmischem Grinsen und mehr Bewegung als der Großteil des Publikums setzt er dem Auftritt das Sahnehäubchen auf. Auch mit mehr als 40 Jahren Bühnenerfahrung wirkt er immer noch so freudig erregt über die Möglichkeit vor ausverkauftem Haus spielen zu dürfen, dass es der pure Genuss ist ihm zuzuschauen. Und als er gen Ende (endlich, möchte man sagen) die Gelegenheit zu einem längeren Solo bekommt, kann er endgültig beweisen, dass Alter nicht vor Fingerfertigkeit schützt.

Neben den nur zwei Liedern vom aktuellen Album, das immerhin den Namen für die Tour stellt, gibt es nur einen größeren Wermutstropfen, und das ist das sehr agilitätsarme Publikum. Zwar gibt es bei Liedankündigungen einzelne Jubelrufe und der Applaus nach jedem Lied und jedem Solo ist laut und lang anhaltend, aber während der Lieder steht der Großteil der Menge ziemlich steif in der Gegend herum und auch Mitsänger sind so gut wie gar nicht auszumachen. Sicher ist bei der Musik von TEN YEARS AFTER nicht die riesige Action zu erwarten, aber ein bisschen mehr Mitschwofen als rumstehen und während jedem dritten Lied ein wenig Kopfnicken oder Fußwippen darf man meines Erachtens schon erwarten, gerade da viele der Anwesenden unter Garantie die Band nicht zum ersten Mal gesehen haben.
Der Band scheint das aber wenig auszumachen, oder sie kennt es bereits von einem ihrer früheren Besuche in der Harmonie, und so trifft man sie fröhlich strahlend nach dem Auftritt am Merchstand.

Chapeau TEN YEARS AFTER und danke für einen sehr schönen Einstieg ins Konzertjahr 2009!

Setlist:
Working On The Road
King of the Blues
Hear Me Calling
Angry Words
Big Black 45
50.000 Miles Beneath My Brain
The Hobbit
Love Like A Man
Slip Slide Away
I’ld Love To Change The World
Good Morning Little Schoolgirl
? (aus der Abkürzung auf dem Setlistzettel nicht rekonstruierbar)
I’m Going Home
---------
+ 2 Zugaben



Fotos mit freundlicher Erlaubnis von Ed Reinfeldt
Vielen Dank nochmal an dieser Stelle!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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